Palästinensische Al-Quds-Kämpfer mit belgischen FN-F2000Die jüngste Entwicklung in Syrien und dazu im Gazastreifen weisen ziemlich deutlich darauf hin, dass die USA in ihrer “Demokratisierungs-Strategie” nun allmählich versuchen, auf andere Kräfte als die jeglicher Kontrolle entgleitenden radikalen Islamisten zu setzen.

Abgesehen von der Gründung und der Zusammensetzung der in Doha mühevoll zusammengeschusterten sogenannten “Syrischen Nationalen Allianz” ist die Absetzung von Gen. David Petraeus vom Posten des CIA-Chefs dabei noch ein Hinweis, der zu einem solchen Schluss führt. Dieser ausgekochte “asymmetrische” Krieger, von den Amerikanern beständig zu größeren Sondereinsätzen in Übersee kommandiert, ist genau die Figur, welche hinter der Strategie einer Kriegführung mit fremden Händen – nämlich mittels diverser als “Al-Kaida” verallgemeinerter radikaler Strukturen – steht. Bisher war das auch die Technologie, die zum Kollaps in Syrien führen sollte.

Seine durchaus hart erfolgte Kaltstellung erinnert an die Causa Strauss-Kahn: die an seinen Leib herangelassene heißblütige Journalistin Paula Brodwell, Geheimdokumente, rechtzeitig bekanntgewordene Fakten – all das sieht nicht nur nach Ehebruch aus. Wäre dieser Skandal nicht zu irgend etwas nütze, so wäre die Sache längst in Vergessenheit geraten. Beispielsweise hatte Dick Cheney ja einmal seinen Jagdgenossen angeschossen (der dann natürlich “an einem Herzinfarkt” starb) – tja, Dinge passieren, man meldete und vergaß es sogleich. Doch der Skandal mit Petraeus kommt passend und ist nützlich – daher die Details, die Top-Platzierung der Meldungen, Fotos und öffentliche Erniedrigung, wonach Petraeus bestenfalls eine unehrenhafte Entlassung, im schlimmsten Fall einen Prozess zu erwarten hat.

Die Zeit läuft den Aggressoren nämlich davon. Die bisher eingesetzten Islamistenbrigaden entziehen sich weitgehend jeglicher Kontrolle – beispielsweise haben Al-Nusra-Front und Ansar-al-Islam sich der von der FSA angeordneten Waffenruhe zum islamischen Opferfest ausdrücklich nicht angeschlossen, außerdem auch die “Syrische Nationale Allianz” nicht als “legitim” anerkannt – und es ist daher an der Zeit, sie allmählich durch gefügigere und kontrollierbare Kräfte zu ersetzen.

Daher auch die Reisen des jordanischen Königs und des katarischen Emirs nach Gaza, daher die massiven Rekrutierungsversuche in den palästinensischen Flüchtlingscamps in Syrien selbst – Jarmuk und andere nahe Damaskus – von denen u.a. ANNA-News berichtete. Es wird versucht, die Akteure vor Ort auszutauschen. Anstelle der durchgeknallten Radikalen sollen die vergleichsweise steuerbaren Palästinenser treten. Bisher funktioniert das noch nicht so gut. Zumal die Hamas, welcher wohl die Rolle der Mobilmachungs- und Rekrutierungsorganisation zugedacht ist, sogleich einen Teil der ihr zugefallenen finanziellen Hilfsleistungen in Form von Raketen Richtung Israel ballerte (das gehört sich einfach so), jedoch ist der Zusammenhang zwischen den Ereignissen in Gaza und den kürzlichen Visiten diverser erlauchter Führungspersönlichkeiten dahin kaum zu übersehen.

Nichts desto trotz wird die allmähliche Kaderrotation an vorderster Front in Syrien allmählich doch passieren – das Geld der arabischen Monarchen wird diesen Mechanismus anwerfen. Den jetzt vor Ort befindlichen radikalen Islamisten ist eine Perspektive zugedacht, in der sie teilweise in Syrien aufgerieben, teilweise in anderer Richtung ziehen sollen, und auch dafür gibt es inzwischen genügend Hinweise und Gelegenheiten: die Fatwa des Yusuf al-Qaradawi (Chefideologe der Moslembrüder und mutmaßlich geistlicher Betreuer der “Syrischen Nationalen Allianz”), derzufolge Russland “Feind Nummer 1” der Moslems ist, die baldige Olympiade in Sotschi, der Nordkaukasus – all das ist nicht weit hergeholt.

Flagge des Welajat Noxçiyçö (Kaukasus-Emirat)Kürzlich, am 8. November, hat nämlich Stratfor einen Artikel namens “Das Emirat Kaukasus wird global” publiziert. Plötzlich erinnert sich also jemand im Kontext der aktuellen Ereignisse an dieses Emirat, und der Autor, Gordon Hahn, bringt seine Sorge zum Ausdruck, dass dieses Emirat sich zu einer globalen Struktur ausdehnt, die nicht mehr nur den Kaukasus, sondern auch die umliegenden Regionen bedroht.

Eine empirische Tatsache: sobald die USA ihrer Besorgnis über die Sicherheit in einer ihr fernen Region Ausdruck verleihen, ist das der Beginn einer Destabilisierung der Situation vor Ort. Hahn hat durchaus richtig geschlossen, dass das Jahr 2014 – also das Jahr der Olympiade in Sotschi – für Russland hinsichtlich der Sicherheitslage besonders kritisch ist. Das internationale Ansehen, das man sich mit der Durchführung einer Olympiade verdienen kann, ist viel wert und kostet also auch viel; Russland ist selbstredend dadurch alarmiert, dass es unweit des Veranstaltungsortes den Herd einer solchen globalen Bedrohung geben soll.

Dokku Abu Usman (Umarov), der Emir himselfGordon Hahn verweist direkt und unzweideutig auf diese Umstände und bietet den USA damit faktisch an, sich die Lage zunutze zu machen und ihrer Besorgnis über die Sicherheit in der Region Ausdruck zu verleihen, und zwar möglichst noch bevor die Russen die olympischen Winterspiele durchziehen können. Im schlimmsten Fall kann ein sich so weiterentwickelndes Szenario zum Abbruch oder der Absage der Olympiade aus Sicherheitsgründen führen, weil die Sicherheit der Sportler und zigtausender Touristen von niemandem mehr hundertprozentig garantiert werden kann. Für Russland könnte der Einbruch der Besuchermassen ein herber Schlag werden, denn damit würde deutlich, dass die Regierung auf dem Gebiet ihres eigenen Landes hilflos und unfähig ist, Sicherheit herzustellen und zu garantieren.

Man kann daher durchaus annehmen, dass die USA sich alle Mühe geben werden, ihre “Besorgnis” über die Lage maximal auszunutzen und wirklich eine Bedrohung für die Sicherheit der Region schaffen, zumal schon vor einigen Wochen gemeldet wurde, dass diverse Rebellenkämpfer und “Mudschaheddin”, etwa über Georgien, von Süden aus auf russisches Gebiet vordringen, wie auch die in Aleppo und anderen syrischen Städten festgestellten tschetschenischen Krieger ein Hinweis auf einen regen Know-how-Austausch sind.

Wie man die Sache auch dreht, die Ereignisse der letzten Wochen lassen genau diese Schlüsse zu. Syrien steht nach wie vor direkt vor den Kanonenrohren des “Demokratisierungsprozesses”, aber allmählich wird nun wohl auch die Situation im Nordkaukasus und womöglich auch anderen Regionen Russlands angefacht werden. Dahinein passen auch die jüngsten Ereignisse in Kasan und die Verhaftungen von “Aktivisten” der Hizb ut-Tahrir in Moskau, welche auch in zentralrussischen Regionen bereits mit einer unverhohlenen und aktiven Anwerbung von Kanonenfutter begonnen haben. Fruchtbaren Boden dafür gibt es jedenfalls. Kurban Bayramı (Eid al-Adha, islamisches Opferfest) in Kasan (Russland), Foto vom 26.10.2012