Idylle über Erdgas

Die ersten Nachrichten davon, dass in Tadschikistan ungeheure Erdgas- und -ölvorkommen entdeckt wurden, kamen bereits Mitte Juli. Damals schien diese Nachricht noch etwas zweifelhaft, weswegen man der Sache zu dem Zeitpunkt erst Gelegenheit geben musste, sich etwas zu setzen. Jetzt, im August, bestehen die Kanadier von der Tethys Petroleum Ltd. immer noch auf der Wahrheit ihrer Darstellung, offizielle Dementis gibt es noch nicht. Allerdings gibt es auch keine offiziellen Bestätigungen von Seiten der Regierung in Tadschikistan. Aber hier erst einmal die Zahlen.

Zu Beginn hat der CEO der kanadischen Tethys Petroleum Ltd., Dr. David Robson, durchaus geheimnisvoll angedeutet, dass die Ergasvorräte in Tadschikistan „um ein Vielfaches mehr betragen können, als die angenommene Restreserve und die noch sicher auszubeutenden Ressourcen im britischen Sektor der Nordsee“. Dabei gab es noch keine konkreten Zahlen, aber er fügte hinzu, dass man die Vorräte nicht anders denn als „super-gigantisch“ klassifizieren könne.

Später folgten dann die lang ersehnten Zahlen. Nach Angaben der Tethys Petroleum Ltd. betragen die brutto zu gewinnenden Ressourcen, ohne Einbezug des Risikofaktors, 27,5 Milliarden Barrel Erdöläquivalent (davon betrage der Anteil der Tethys Petroleum 23,4 Milliarden boe). 69% davon entfallen auf Erdgas, 31% auf Erdöl und Gaskondensat.

Tadschikistan mit der Zielregion der Tethys Petroleum Ltd.
Bild nach Vorlagen von Tethys.> Diese enorme Steigerung unserer erwarteten Ressourcen in Tadschikistan beeinflusst unsere Ressourcenbasis entscheidend. Ich gehe davon aus, dass diese nicht riskanten mittelfristigen Ressourcen wesentlich höher sind als die noch sicher auszubeutenden Ressourcen im britischen Sektor der Nordsee. Die unternommenen geologischen und geophysischen Arbeiten haben gezeigt, dass Tethys in einem Weltklassebassin mit enormem, unerschlossenem Potential tätig ist. Die weit reichenden Prognosen in Tadschikistan haben „super-gigantisches“ Potential und jedweder Erfolg bei der Erschließung wird die Lage des Unternehmens entscheidend beeinflussen. Die zusätzlichen seismischen Daten werden behilflich sein, den Ort der ersten tiefen, unter die Salzschicht reichenden Bohrungen in Tadschikistan zu lokalisieren, die enorm hohe zu erwartende Ressourcen zum Ziel haben.

Zitat Dr. David Robson, Quelle: Tethys Petroleum Ltd.

Neuigkeit, nur noch nicht für aller Ohren

Die Erschließung des Vorkommens, die Tethys Petroleum ab 2013 zu unternehmen gedenkt, ist dazu geeignet, nicht nur die Lage dieses Unternehmens entschieden zu ändern, sondern dazu noch die Situation im gesamten Zentralasien. Momentan bezieht Tadschikistan 90% der benötigten Erdölprodukte aus Russland. Ab 1995 wurden solche Lieferungen zollfrei realisiert, seit Mai 2010 gelten allerdings Zölle für die Lieferung russischer Erdölprodukte. Der Effekt war natürlich eine signifikante Verteuerung dieser Produkte im Land. Tadschikistan ist seither verstärkt zu einer Verschuldung gezwungen, um diese Lieferungen begleichen zu können.

Dieser doch Optimismus verbreitende Fund der Kanadier müsste doch, der Logik nach, von der tadschikischen Regierung als Trumpf auf der innenpolitischen Arena genutzt werden. Mit solchen Prognosen könnte Tadschikistan in 10 Jahren leicht zum Dubai Zentralasiens werden, mit den entsprechenden Kristallpalästen in den Bergen, weißgoldenen Ferraris und russischen Gastarbeitern. Doch Präsident Rahmon wäre nicht er selbst, wenn er sich einen solchen Trumpf nicht bis zum richtigen Zeitpunkt aufheben würde.

Im nächsten Jahr gibt es nämlich Präsidentschaftswahlen in Tadschikistan, und da käme eine offizielle Bestätigung dieses ungeahnten Reichtums gerade gelegen. Das einzige, was jedoch bisher auf die Nachricht der Kanadier folgte, war ein plötzliches, relativ zweifelhaft motiviertes, dabei aber massives Vorgehen gegen potentielle Aufrührer in der Provinz Berg-Badaschchan. Der Militäreinsatz ist erst gestern mit der Aufgabe des örtlichen Rebellenführers, Tolib Ajombekow, in Chorugh zu Ende gegangen. Bilanz: 47 Tote, davon 17 auf Regierungsseiten, Dutzende Verletzte und viele Festnahmen. In Berg-Badaschchan ging es aber im Wesentlichen um die Kontrolle des Opiumschmuggels aus Afghanistan, welcher die örtlichen Tadschiken in der Autonomie nährt und potentiell gegenüber der Regierung unabhängig macht. Dieser möglichen Schwachstelle scheint die tadschikische Regierung nun einen Riegel vorgeschoben zu haben.

Das alles wirft aber ein völlig anderes Licht auf das plötzliche Interesse der USA an Tadschikistan, speziell auf die unvermittelt eingetretene Widerspenstigkeit der Tadschiken gegenüber Russland. Russland pachtet in Tadschikistan eine Militärbasis, über die Verlängerung der Pachtfrist gab es traditionell, diesmal aber besonders schwierige Eiertänze. Man vergesse auch nicht das von überallher bekannte, massive Engagement des Katar in der Republik.

Zentralasien wird spätestens „nach Syrien“ zu einer immer heißeren Region.