Das Team von Vesti ist immer noch in Kurdistan unterwegs und berichtet von einem größeren Söldnerangriff gegen Ras al Ain, den die Kurden – wie andernorts zu lesen war – teilweise aufhalten konnten. Die Stadt wird immer noch teilweise von den Kurden gehalten. Interessant ist es, vom Vorgehen der Türken zu hören, welche sich an den von ihnen selbst erzeugten Flüchtlingsströmen zu bereichern wissen. Soweit kurdische Kämpfer gezeigt werden, machen sie nicht den Eindruck, als können sie sich allein gegen derartige Mengen an bewaffneten Banden behaupten. Das zu gewährleisten wird wohl u.a. die Rolle der syrischen Luftwaffe sein, gegen welche die Türkei wohl auch ihre grenznahe Luftabwehr mobilisiert.

Quelle: Vesti.ru, 16.11.2012

Anastasia Popowa:

Das ist die Straße nach Ras Al Ain, eine kleine syrische Stadt, die direkt an der Grenze zur Türkei liegt. Nachts sind tausende von Rebellen ungehindert durch das Grenzgebiet eingedrungen und haben versucht, sich in mehreren Gebieten festzusetzen.

Glaubt man den Kurden, so sind rund 400 Fahrzeuge mit Kämpfern und Waffen über die Grenze gekommen, viele der Pickups waren mit schweren MGs ausgerüstet. Die Kolonne wurde von der vereinigten kurdischen Volkswehr aufgehalten. Im Morgengrauen kam es zu Kämpfen.

Auf diesem Video vom Mobiltelefon eines später getöteten Al-Kaida-Kämpfers sieht man den Chef der Bande; er stammt aus Jemen, sein Dialekt verrät ihn. Der Großteil der angeblich für Demokratie kämpfenden Rebellen stammt nicht von hier. Der Mann auf dem Pickup ist zum Beispiel aus Saudi-Arabien.

Er nennt die Kurden ein “Brudervolk” und verspricht, niemandem etwas zuleide zu tun, bis ein gewisser Emir endgültig entscheidet. Dabei gibt er Anweisungen: staatliche Einrichtungen, Polizeistationen und Gerichtsgebäude sollen gestürmt werden.

Die Einheiten der “Freien Armee” dringen in die Stadt ein. Öffnen die Hausbewohner die Tür nicht, so wird sie aufgebrochen, Bewaffnete stürmen das Haus, es wird ausgeraubt, die Einwohner werden sofort beschuldigt, Unterstützer der Regierung zu sein, sie werden mit den Gewehrkolben geschlagen und dann in vielen Fällen erschossen. Die unerklärliche Brutalität und Wahllosigkeit der sogenannten “Freiheitskämpfer” wurde öfters von internationalen Menschenrechtsorganisationen angeprangert, doch es blieb bei mündlichen Verurteilungen.

In Ras Al Ain sind drei Mächte aneinander geraten. In der Stadt selbst wurde die Al-Kaida von kurdischen Einheiten blockiert, die Außenbezirke von Regierungstruppen eingekreist, von wo aus sie das Feuer eröffneten. Menschen flohen ins türkische Grenzgebiet und in benachbarte Städte.

Frau:

Dort schießen alle, die einen haben schwarze Fahnen, die anderen kurdische. Es fallen Bomben. Wir haben Angst um unsere Kinder, wir wollen Frieden, nun warten wir hier, bis uns türkische Grenzer abholen.

Tagsüber öffnen sie die Grenzen für Flüchtlinge, nachts schleusen sie genauso offen Rebellen nach Syrien ein, welche dort gegen die Regierung kämpfen und Chaos im kurdischen Norden verbreiten sollen. In zwei Dörfern haben Einheiten der kurdischen Bürgerwehr die offiziellen Sicherheitskräfte vollständig ersetzt.

Kurdischer Kämpfer:

Die Türken sagen den Menschen: lauft von hier weg, kommt zu uns, bei uns findet ihr Schutz! In Wahrheit betrügen sie sie. Das Geld, welches vom Roten Halbmond und vom Roten Kreuz bereitgestellt wird, stecken sie in die eigenen Taschen. Dort sind Frauen und Kinder, die sie in Zelten wohnen lassen. Jetzt ist es aber schon so kalt, dass man nicht in Zelten leben kann. Viele kommen wieder zurück. Die Türken benehmen sich wie die Mafia, sie bewaffnen versprengte Gruppen, schicken diese zu uns in den Kampf und verdienen an den Flüchtlingen.

Ziel der “Freien Armee” ist die Kontrolle über die erdölreichen Gebiete des Landes, die bisher vom Krieg verschont geblieben sind. Die Rebellen konzentrieren sich an der Grenze, die Kurden bereiten die Verteidigung ihrer Gebiete vor. Überall wurden Checkpoints aufgebaut, es wird Patrouille gefahren, die Waffen sind geladen.

**

**Anastasia Popowa, Michail Witkin, Jewgenij Lebedew. Vesti, syrisch-türkisches Grenzgebiet

**