Fenster zu, es zieht!

25.03.2012, 10:01 apxwn Blog china eu iran usa

„Fenster für diplomatische Lösung von iranischem Atomproblem schließt sich“ (Obama)

Gleichzeitig kommt diese Meldung:

„Die Außenminister der 27 EU-Mitgliedsländer haben in ihrer Sitzung am Freitag in Brüssel die Erweiterung der selektiven Sanktionen gegen den Iran bestätigt, teilte ein Vertreter des Pressedienstes des EU-Rates RIA Novosti mit.“

Tatsächlich ist der Iran seit dem Ende der 1970er Jahre ständig mit Sanktionen belegt, die – so oder so – tatsächlich für ernste Schwierigkeiten für dessen gesamte Wirtschaft sorgen. Man kann nur mutmaßen, wie stark die Wirtschaft des Iran wäre, würde sie nicht permanent unter dem Druck des Westens stehen.

Trotz alledem haben sowohl der Iran, als auch dessen Partner sich im Verlauf der letzten 33 Jahre der „postrevolutionären“ Zeit an die Sanktionen gewöhnt und sie immer mehr oder weniger erfolgreich umschifft. Einen besonderen Erfindergeist hat dabei China an den Tag gelegt. Trotz der internationalen Sanktionen gegen den Iran kooperieren die Chinesen durchaus erfolgreich mit iranischen Unternehmen – einschließlich des militärtechnischen Bereichs. Wenn man Militärtechnik nicht offen liefern kann, so werden eben Technologien und Ausrüstung dafür geliefert, die es dem Iran gestatten, diese oder jene Sache selbst herzustellen. In manchen Fällen werden Meß- und Kontrollinstrumente geliefert, die z.B. für die Herstellung von Raketentechnik, Telemetrie, Düsenantrieben usw. unabdingbar sind.

HQ-9/FT-2000
Faktisch ist der Iran recht nahe an der Schwelle zu modernsten Entwicklungen und führt diese bereits im Prototypen-Modus aus – ist aber sicher in näherer Zukunft soweit, sie in Serie zu geben. Zum Beispiel gibt es die Information, dass der Iran ein Luftabwehrsystem entwickelt hat, das eine Kopie des chinesischen HQ-9/FT-2000 ist (und das chinesische System ist wiederum in vielerlei Hinsicht ein Analogon des russischen S-300). Es existiert bereits die Serienproduktion von iranischen Eigenentwicklungen an Luftabwehrsystemen geringer Reichweite – ebenso nach chinesischen Verfahren und Technologien. Wenn das alles so stimmt, so ist der Stand der iranischen Militärtechnik, ungeachtet aller Sanktionen, doch ziemlich hoch, denn solche Technik erfordert ein hohes technologisches Niveau auf allen Etappen der Entwicklung und Produktion.

Hierzu muss man daran erinnern, dass China von Iran mehr Öl bezieht als ganz Europa zusammengenommen. Mehr noch – die Embargosituation ist für die Chinesen nur von Vorteil, da sie in der jetzigen Situation auf bessere Preise spekulieren können. Wenn die Amerikaner es schaffen, die Koreaner und Japaner in Sachen Ölimporten aus dem Iran zu bevormunden, dann können die Chinesen, nach manchen Einschätzungen, sich auf Preisnachlässe von durchaus 10-15% oder mehr freuen.

Der „strategische Rohstoff“ zu solchen Preisvorteilen würde Chinas Wirtschaft in allgemeinen Krisenzeiten einen spürbaren Vorteil vor Europa, Asien und Amerika bescheren.

Der Iran beabsichtigt – die Ausfälle durch die neuerlichen Sanktionen schon einkalkuliert – den Handel mit China auf ein Gesamtvolumen von 100 Milliarden Dollar auszuweiten. Die iranische Militärindustrie ist von allein nicht in der Lage, die Bedürfnisse der Verteidigung des eigenen Landes zu bedienen, deswegen ist die Zusammenarbeit mit China nicht einfach nur vom Standpunkt der Wirtschaftlichkeit zu betrachten, sondern durchaus auch eine Überlebensfrage. Das kann auch zu einem Grund werden, den Chinesen gegenüber Kompromisse im Ölpreis zu machen.

Die Sanktionen gegen den Iran weisen allerdings zum gegenwärtigen Zeitpunkt eine noch nie dagewesene Härte aus – und besser wird es damit nicht werden. Es geht sicher nicht mehr darum, den Iran dadurch zu zwingen, sich von seinem Atomprogramm loszusagen. Der Westen setzt auf die Zerstörung der iranischen Wirtschaft und die Schaffung einer schweren Wirtschafts- und Sozialkrise, versucht, innere Instabilität hervorzurufen, um den Iran letztlich sichtlich auszudörren.

Der nächste Schritt wäre eventuell – abgesehen von der ständig drohenden Gefahr plötzlicher militärischer Aktionen – die Schaffung von Spannungen an der iranisch-pakistanischen Grenze. Der Iran grenzt an Belutschistan, einer in allerlei Hinsicht schwierigen und komplizierten pakistanischen Provinz. Dort sind ohnehin schon verschiedene Separatistenbewegungen aktiv, etwa die „Nationale Front für die Befreiung Belutschistans“, „Lashkar i-Balochistan“, außer rein belutschischen Gruppierungen gibt es dort die „Tehrik i-Taliban Pakistan“, also pakistanische Taliban, die Dschundollah, auch die allseits bekannten afghanischen Taliban haben dort Rückzugsgebiete.

Die Ostgrenze des Iran ist Schauplatz eines permanenten Kriegs gegen Banden von Drogendealern; das Drogenproblem im Iran ist ziemlich aktuell, Massenhinrichtungen von Drogendealern sind keine Seltenheit. Im vergangenen Jahr gab es eine der größten solchen Massenhinrichtungen – es wurden mehr als 200 Drogendealer gehenkt.

Man hat also mehr als genug Mittel, den Iran weiter zu stressen, und es gibt kaum Zweifel daran, dass auch dieser Trumpf über kurz oder lang auf dem Tisch landet. Wenn man ein Land schwächen will, muss man da schon komplex und konsequent vorgehen.

Die Sanktionen sind dabei das offensichtlichste und am meisten besprochene Thema des Kriegs gegen den Iran, der längst begonnen hat. Schwerlich jedoch beschränkt sich der Druck auf diese Sanktionen. Mit relativer Sicherheit ist die „militärische Option“ lange schon als „Lösung“ vorgesehen – aber der Westen will nicht zu viel riskieren und handelt so, dass es in dem Falle die größte Gewissheit gibt. Die Sanktionen und die Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage des Iran wird maximal lange andauern und sich in aller Hinsicht nur verschärfen, bis man die Einschätzung trifft, dass das Land für einen Militärschlag genügend weichgemacht worden ist.

Im Großen und Ganzen wird der Iran es schwer haben, die Sache allein durchzustehen. Die potentiellen geopolitischen Alliierten – China, Russland, Pakistan – sind zu schwach dazu, dem Iran jeweils auf eigene Faust zu helfen. Die einzige Lösung wäre tatsächlich die Schaffung einer Koalition, die es insgesamt möglich machen würde, die Interessen aller Gegner des Westens zu verteidigen.