Keine Kompromisse

05.06.2012, 12:12 apxwn Blog syrien uno

Die Rede von Baschar al-Assad im syrischen Parlament vor den relativ frisch gewählten Abgeordneten könnte man Grunde als „das Übliche“ bezeichnen – er sagte, was er auch schon früher gesagt hat und was er in der gegebenen Situation sagen musste.

Aber eine Nuance gibt es, die ziemlich bedeutsam scheint. Assad bezeichnet die Opposition als „Terroristen“, was im Grunde vollkommen richtig ist. Der Unterton dieser seiner Äußerung ist aber damit klar – es kann keinerlei Verhandlungen mit dieser Opposition, die jetzt klar als „Terroristen“ bezeichnet wird, mehr geben.

Mehr noch, der syrische Präsident sagt, dass es sich bei dem Konflikt nicht um einen Bürgerkrieg handelt: „Diese Krise ist ein Krieg äußerer Kräfte, der mithilfe von Werkzeugen im Innern geführt wird“, und jeder Patriot habe die Pflicht, sich zum Schutze des Landes zu erheben. Auf diese Weise ist es jetzt offiziell, dass es keinerlei Versuche mehr geben wird, einen Kompromiss mit diesen Kräften zu finden.

So gesehen ist diese Aussage eine Antwort auf die Äußerung von Navanethem Pillay, der Hohen Kommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte, welche die Befürchtung aussprach, internationale Führer könnten sich bei ihren Friedensbemühungen dazu verleitet fühlen, „politisch falsche Lösungen einzugehen, die eine Amnestie oder Nichtverfolgung beinhalten könnten“ und Assad z.B. persönliche Unversehrtheit im Austausch für einen Rücktritt anzubieten.

Im Grunde hat Mrs. Pillay im Namen der sogenannten Weltöffentlichkeit mitgeteilt, dass es mit Assad und seiner Regierung keine Verhandlungen geben wird – keine Gnade für Tyrannen! Das ist nichts Neues – in Libyen hatte Gaddafi den Aufständischen und dem Westen insgesamt vier Mal Verhandlungen angeboten – alles ohne Reaktion. Die Gegner dürsteten nach einer blutigen Opferung vor laufender Kamera, und sie haben diese bekommen. Auch im Fall mit Syrien und Baschar al-Assad gibt es da praktisch nur noch die Wahl zwischen dem Machtverzicht und irgendeinem Den Haag vor dem Hintergrund der Dezimierung ethnischer und religiöser Minderheiten im Land, oder eben dem Kampf bis zuletzt.

Ich persönlich zweifele nicht daran, dass Assad seinen Posten durchaus aufgeben würde, bekäme er Garantien für eine Beendigung der Gewalt im Lande – doch das ist eine vollkommen unrealistische Vorstellung. Deshalb ist es jetzt so, wie es ist – die Positionen sind klar, die Karten sind auf dem Tisch.

Annan-Plan R.I.P.

Inzwischen teilt Reuters mit, dass die Banditen, welche man offiziell „Rebellen“ nennt, allein am vergangenen Wochenende mehr als 100 Soldaten der syrischen Armee umgebracht haben. Es ist nicht ganz klar, wie zuverlässig diese Angabe ist, denn sie kommt von einer an solchen Informationen interessierten Seite, nämlich von den Banditen selbst. 80 der Namen dieser Toten wurden immerhin von Ärzten vor Ort bestätigt. 

Die FSA hatte der syrischen Regierung ein zweitägiges Ultimatum mit vollkommen unklarem Inhalt gestellt und sich dazu verpflichtet, nach dessen Ablauf einen totalen Krieg gegen die Regierung zu führen. Offenbar hat Baschar al-Assad das in seiner Rede bereits mit berücksichtigt und sich so eindeutig und unmissverständlich zu den „Rebellen“ geäußert.

Die bewaffneten Banden beschweren sich darüber, dass die Armee gegen sie Panzerfahrzeuge, Gardewerfer und Artillerie einsetzt. Andererseits berichten sie stolz von ihren Erfolgen – darunter unter dem reinen Mord an Soldaten auch die Vernichtung von Panzerfahrzeugen. Wenn das so ist, so gebrauchen die bewaffneten Rebellen nicht nur leichte Schusswaffen, sondern eben auch schwere Waffen, die Panzerfahrzeuge vernichten können. In einem solchen Falle kann man sich wohl nur schwerlich eine Armee vorstellen, die unter derartigen Angriffen nicht ihrerseits zu schweren Waffen und Technik greift.

Fazit ist, dass der Annan-Plan letztlich von beiden Seiten aufgegeben wurde. Für die bewaffneten Rebellen war er eine Atempause, während welcher sie sich nach ihrer Niederlage in Homs umgruppieren, ihre Reihen durch neue Leute füllen, sich gründlich vorbereiten und neue Pläne ausarbeiten und durchspielen konnten. Für die Regierung bedeutete der Plan Kofi Annans im Grunde nichts als einen fatalen Rückzug und den Verlust der strategischen Initiative. Möglicherweise wird das das letzte Experiment Assads mit den diversen westlichen Friedensinitiativen gewesen sein.