Oppositionelle Demarchen

17.10.2013, 03:06 apxwn Blog syrien

Asma al-Assad, gestern.

Die zweite “Genfer Friedenskonferenz” muss von Mitte auf Ende November oder gar auf Dezember verschoben werden. Grund dafür soll sein, dass die “Opposition”, oder deren Teile, eine Teilnahme verweigern.

Der “Syrische Nationalrat” hatte eher erklärt, dass er nicht nur nicht an der Konferenz teilzunehmen gedenkt, sondern auch aus der “Nationalen Koalition der syrischen Revolutionskräfte” auszuscheiden gedenkt. Zur Erinnerung: das ist das Organ, das man in Doha zusammengebaut hatte; der SNC hat dort 22 von 60 Sitzen inne. Der Nationalrat nun sagt, wenn diese “Nationale Koalition” Vertreter zu Genf-2 entsendet, er dieses Gremium verläßt. Die “Nationale Koalition” ist als Struktur (anstelle von Syrien) Mitglied in der Arabischen Liga, das auch nur zur Erinnerung. Soviel zu den Myriaden “einzig legitimer Repräsentanten des syrischen Volkes”.

Diese, sagen wir, diplomatische Note des SNC hat kaum eine Bedeutung; der SNC ist zu Beginn der Syrienkrise überwiegend aus Emigranten gebildet worden, die Syrien vor Jahrzehnten verlassen haben. Der SNC sollte insofern ein Analogon des libyschen NTC werden, und ist es in technologischer Hinsicht auch geworden. Allerdings waren im libyschen NTC durchaus auch einflussreiche libysche Eliten organisiert, die in Teilen des Landes noch unter Gaddafi wirklichen Einfluss hatten und im Februar 2011 mit am Ursprung des Umsturzversuchs standen. Dem SNC hingegen wurden keine solch, auch nur irgendwie einflussreichen Gestalten zuteil, weil es sie einfach nicht gab. Das bedeutet nicht zwingend, dass die syrische Elite komplett und durch die Bank Baschar al-Assad ergeben ist, aber durchaus, dass sie für sich und ihr Land keine Zukunft in einem der Szenarien sieht, die von den Aggressoren angeboten werden.

Es hat sich also nicht gerechnet, auf den SNC zu setzen, aber dieses eigenartige Gremium hat man trotzdem nicht aufgelöst – vielleicht kann man es noch gebrauchen. Chancen, aus dieser Truppe etwas funktionierendes und einflussreiches aufzubauen, sieht man schon lange nicht; aus diesem Grunde hat der Westen und die Golfmonarchien auch die “breitere” Koalition in Doha gebaut, in die man selbst offenkundige Dschihadisten mit einschalten musste.

Die “Nationale Koalition” hat damit nun aber für irgendwelche Verhandlungen ein gar garstiges Gesicht. Es ist diplomatisch schwierig, Assad der “Greueltaten” zu bezichtigen, wenn die in dieser Koalition mitorganisierten Banden und Terrorbrigaden nun auch schon von humanitären Organisationen vorsichtig zu hören ist, dass es “da wohl Verbrechen gegen die Menschlichkeit gegeben” hat.

Wie dem auch sei, bei der Genfer Konferenz muss irgendeine Opposition oder etwas als Opposition geltendes präsent sein. Notfalls nur ein Möbelstück. Allen ist ja klar, dass die wirklichen Rebellen von der Al-Nusra-Front, der Liwa al-Islami, aller möglichen Kata’ib ash-Shishani und anderer Tawhide gar nicht nach Verhandlungslösungen suchen; ohne Opposition, auch wenn’s nur eine potemkinsche ist, wäre es aber nicht so schön, Genf-2 durchzuführen.

Die Demarche des SNC ist denn wohl auch die letzte Möglichkeit, Aufmerksamkeit zu bekommen. Ein totgeborener Zombie versucht zu überleben, aber spätestens nach Genf-2 wird niemand mehr Bedarf an diesem Gremium haben. Worauf jetzt spekuliert wird, ist auch fadenscheinig: “Überredet uns”, gebt Garantien, “Vorbedingungen”. So hoch werden diese Forderungen nicht sein, aber wenn der SNC einen solchen kleinen Erpressungsversuch nötig hat, ist eigentlich klar, dass ihm niemand auch nur symbolische Angebote macht.

Alles in allem ist das nicht schlimm. Drei Jahre hat man gewartet, ein paar Wochen machen dabei noch kein schlechtes Wetter. Fakt ist aber nunmehr, dass der “Opposition” nichts als eine Statistenrolle zugedacht ist, seit die FSA praktisch aufgehört hat zu existieren. Der SNC ist nun auch ganz offiziell das, was er von Anfang an gewesen ist – eine kleine Mischpoke von Emigranten, deren Großteil in Syrien unbekannt ist. Die Köpfe des SNC wissen sehr wohl, dass sie in dieser Konfiguration keine Pfründe für sich abschöpfen können, folglich verzichten sie lieber gleich auf Gespräche.