Der aktuelle Wochenrückblick widmet sich ganz den bekannten Interaktionen zwischen “Al-Kaida” und den Vereinigten Staaten von Amerika. Angemerkt sei, dass es wohl noch nirgends Klarheit gibt, wer konkret hinter dem Film “The Innocence of Muslims” steckt; es gibt verschiedene Theorien. Webster Tarpley hat eine (Dank an Jörg für den Hinweis), die Kollegen aus Russland, die für diese Wochenschau inhaltlich verantwortlich sind, haben eine andere.

Es gibt in dieser Folge zwei inhaltliche Schnitzer: m.W. finden die US-Präsidentschaftswahlen am 04., nicht am 06. November statt und das bei 06:44 gezeigte Bleichgesicht neben dem Leichnam von Oberst Gaddafi ist nicht Christopher Stevens. Das ist hier bekannt. Nichtsdestotrotz, es sei ein frohes Anschauen gewünscht nebst der Bitte, das Video bzw. die Folge zu verbreiten, wenn es Anklang findet.

Video(s) sind eingebettet, der Vollständigkeit halber und zum Nachlesen für Youtube-geblockte Umgebungen findet sich der Text darunter.

Die vergangene Woche wird durch eine ungeheure Provokation in die Geschichte eingehen, die zur Ursache antiamerikanischer Proteste in der ganzen Welt wurde und für dutzende Menschen den Tod für politische Interessen bedeutete. Wir haben die Vorgänge sorgfältig beobachtet und können euch nun eine schrittweise Analyse der Situation präsentieren, die alle Ereignisse an den rechten Ort rückt.

Wir wollen vorausschicken, dass einige Bilder in dieser Folge zu grausam für Frauen, Kinder und sensible Zuschauer sein könnten.

Misslungene Allianz

Die Woche begann mit einer hochinteressanten Nachricht: am Vortag des Jahrestages der Tragödie vom 11. September haben radikale Islamisten, wie auf Bestellung zu einem schönen Datum, der USA und den Westländern einen Waffenstillstand angeboten. Die Initiative ist von zwei Todfeinden der USA ausgegangen – der “Al-Kaida” und den Taliban. Dabei waren die Bedingungen des Waffenstillstands durchaus annehmbar. Die “Al-Kaida” forderte im Austausch für das Einstellen von Terrorangriffen die USA dazu auf, sich nicht weiter in die Angelegenheiten islamischer Staaten einzumischen und gefangene Dschihadisten auf freien Fuss zu setzen. Die Taliban stellten analoge Bedingungen, haben aber ihrerseits noch dazu angeboten, die wichtigsten Militärbasen der USA in Afghanistan zu akzeptieren.

Am 6. November sind in den USA Präsidentschaftswahlen. Viele haben das Angebot der Islamisten als eine gute Chance für Obama gewertet, mit einem Schlag alle schwelenden Kriege zu beenden und dabei gleichzeitig Alliierte zu gewinnen, welche die Interessen der USA in den islamischen Ländern verteidigen. Doch lasst uns einmal darauf schauen, wer genau denn da mit dem Friedensangebot aufgetreten ist.

Von Seiten der “Al-Kaida” war das Mohammed al-Zawahiri, der Bruder des derzeitigen Al-Kaida-Führers Ayman al-Zawahiri, der an die Stelle von Osama bin Laden getreten war. Über Mohammed al-Zawahiri ist bekannt, dass er 14 Jahre seines Lebens in ägyptischen Gefängnissen verbracht hat und erst dank der Revolution vom vorigen Jahr die Freiheit erlangte. Er besitzt keinerlei Einfluss auf die Politik der “Al-Kaida”. Niemand aus der Organisation, auch nicht sein Bruder, haben seine Vollmachten, mit solchen Initiativen aufzutreten, auch nur auf irgendeine Art bestätigt. Mit anderen Worten, das Angebot scheint nach einer ersten Prüfung nicht wirklich ernstzunehmen zu sein.

Mit den Taliban ist die Lage noch nebulöser. Die Information über das Waffenstillstandsangebot tauchte in britischen Medien auf, die sich auf ungenannte Quellen in der Bewegung berufen. Angeblich meint ein Teil der Taliban, dass ein Friede möglich sei, will dabei aber nicht namentlich genannt werden. Mit anderen Worten, die von den Medien verbreitete Information über einen bevorstehenden Waffenstillstand ist zumindest zweifelhaft. Doch ihren Effekt hat sie gehabt – in den Augen der Bürger des Westens kamen die Führer der Feinde Obamas zu Kreuze gekrochen, um ihn um Frieden zu bitten.

Wir hatten allerdings gleich gesagt, dass es keine Waffenruhe geben wird. Zitat:

“Es genügt, sich vor Augen zu führen, dass das beiweitem nicht der erste Verhandlungsversuch ist. Aus irgendeinem Grunde passierten immer, wenn die Verhandlungen ein wenig in Gang kamen, irgendwelche Zwischenfälle, die den weiteren Verlauf der Verhandlungen unmöglich machten. Mal sprengt bin Laden etwas in die Luft, mal pinkeln US-Marines auf die Leichen getöteter Taliban oder zünden einen Koran an. (“Terroristen bieten Obama Waffenstillstand an. PR oder Legalisierung?”, odnako.org, 11. September 2011)

Als hätten wir’s geahnt. Schon am nächsten Tag wurde die Welt von einer Welle antiamerikanischer Proteste erschüttert, die mit der Veröffentlichung eines Trailers zu einem die religiösen Gefühle der Moslems verletzenden Film zusammenhingen. Es geht um den Trailer zum Film “The innocence of muslims”. Der Film stellt den Propheten Mohammed in einem äußerst ungünstigen Licht dar. Solches einem militanten Islamisten vorzuführen ist genau das selbe, wie ihm einfach Unrat an den Kopf zu werfen..

Inzwischen ist vollkommen klar, dass dieses Video eine vorbereitete Provokation gewesen ist. Urteilt selbst, das Video war bereits seit 3 Monaten im Netz, wurde allerdings erst jetzt ins Arabische übersetzt und genau am 11. September, nach der Information über das Waffenstillstandsangebot, unter Moslems verteilt. Man muss nicht allzu schlau sein, um die Reaktion darauf vorauszusehen. Wer als Kind einmal Hefe ins Klo geschmissen hat, kann sich vorstellen, wie die Sache ausgehen musste.

Übrigens ist der Film, dem Trailer nach zu urteilen, in jeder Hinsicht eine geistlose Billigproduktion. Nach dessen Erscheinen konnte man unter anderem lesen, dass sein Budget nur 5 Millionen US-Dollar betrug und er von mysteriösen “100 Juden” finanziert wurde. Das heißt, jeder dieser mysteriösen Juden spendete dafür 50.000 Dollar. Es ist klar, dass die Juden kein wohlhabendes Volk sind, mehr konnte man sich einfach nicht leisten.

Doch was den Nutzen angeht, haben sich die Investitionen absolut gelohnt. Um die Sache noch etwas hervorzuheben, wurde die Information verbreitet, der berüchtigte Pastor Jones hätte Teil an der Schaffung des Streifens. Das ist der Provokateur, der auch früher schon den Koran an den Pforten seiner Kirchgemeinde verbrannt hatte. Damals kam es im Nachhinein zu Massenprotesten in Afghanistan, die bis zu 100 Tote zur Folge hatten.

Die Revolution frisst ihre Väter

Die günstig plazierte Hefe fing also an zu brodeln. Erst kam es zu Unruhen in Ägypten. In Kairo brach eine Menge an Demonstranten zur US-Botschaft durch, verbrannte Flaggen der USA und hisste an ihrer Stelle das schwarze Banner des Islam.

Zur gleichen Zeit kam es zu weit dramatischeren Ereignissen im libyschen Benghazi. Benghazi gilt als die Hauptstadt der letzten libyschen Revolution. Heute gibt es verschiedene Versionen der Trägodie, die sich dort ereignet hat. Wir wollen versuchen, die Chronologie der Ereignisse anhand unserer Quellen wiederherzustellen.

Schon am Dienstagabend wurde die US-Botschaft in Benghazi von einer Menge belagert, die gegen das erwähnte Video protestierte. Es flogen Steine auf das Gebäude, woraufhin die Wache das Feuer auf die Demonstranten eröffnete. Die Menge wich zurück, allerdings begann ein paar Stunden später die zweite Welle der Angriffe. Doch nun waren die Leute nicht mit Steinen, sondern mit schweren Schusswaffen ausgestattet. Das Gebäude geriet unter Granatwerferbeschuss und begann zu brennen. Die Menge brach auf das Botschaftsterritorium durch, wo sie sich des Botschafters Christopher Stevens bemächtigte. Den Diplomaten ereilte das traurige Schicksal Gaddafis – die wahnsinnig gewordene Menge mißhandelte und tötete ihn, man schleifte seine Leiche dann unter Jubelrufen durch die Straßen.

Angemerkt sei, dass Christopher Stevens eine wesentliche Rolle beim Sturz der Regierung unter Gaddafi spielte. Er war der Koordinator der ersten Luftangriffe und war voll von überschwenglichen Gefühlen gegenüber den jungen demokratischen Kräften in Libyen.

Ich hatte die Ehre, während der Revolution als Vertreter Amerikas bei der libyschen Opposition zu dienen, habe mit Begeisterung beobachtet, wie das libysche Volk seine Rechte verteidigt. Nun bin ich sehr glücklich, wieder nach Libyen zurückzukehren, um die große Arbeit weiterzuführen, die wir angefangen haben…

Doch zurück zur Botschaft. Außer Stevens ist bei dem Angriff noch ein weiterer Amerikaner getötet worden, die anderen konnten an einen geheimen Ort fliehen. Allerdings haben sich die Angreifer der Botschaftsarchive bemächtigt, wo es auch Informationen zu diesem geheimen Ort sowie auch Listen aller Treffpunkte und US-Agenten in Libyen gab. Die libyschen Machthaber konnten den Schutz der Amerikaner oder ihre Evakuierung nicht gewährleisten. Die Geflohenen mussten sich also wieder zur Wehr setzen, solange die Machthaber darum bemüht waren, eine Transportmöglichkeit für ihre Evakuierung zu organisieren. Es starben weitere zwei US-Marines, wobei angemerkt wird, dass die Attacke höchst professionell ausgeführt wurde. Lediglich eine amerikanische Sondereinheit konnte ihre Landsleute schließlich evakuieren.

Als die Lage sich entspannte, folgte die Reaktion des Weißen Hauses. Obama entsandte zwei Kriegsschiffe an die libysche Küste. Über Benghazi wurde eine lokale Flugverbotszone errichtet. Ganz genau, wie bei der vergangenen Revolution. Schon in der ersten Nacht danach haben Unbekannte versucht, amerikanische Drohnen, die über der Stadt kreisten, vom Himmel zu holen. Es kam zu weiteren Schießereien in Sirte und zu Explosionen in Tripolis. Eine Einheit der Navy Seals ging in Libyen an Land, um Anti-Terror-Einsätze durchzuführen. Wahrscheinlich werden wir in den kommenden Tagen Zeugen von US-Angriffen auf vermeintliche Terroristenlager in Libyen werden.

Ergebnisse und Folgerungen

Zu allen Zeiten wurde Mord an Botschaftern als Kriegserklärung gegen den Staat gewertet, der von diesem Botschafter vertreten wird. Hier ist es wichtig zu verstehen, wer genau Stevens umgebracht hat. Es gibt unzählige Versionen. Von unbekannten Gaddafi-Anhängern bis zu lokalen Vollidioten, die einfach aus Spaß morden und brandschatzen. Die USA verkündete, eine sorgfältige Untersuchung in die Wege zu leiten und die Schuldigen zu bestrafen. Mit großer Wahrscheinlichkeit kann man vermuten, dass die Schuldigen letztendlich als “Al-Kaida” identifiziert werden.

Wir wollen uns nicht im Detail bei den Protesten aufhalten, von welchen die gesamte islamische Welt erfasst wurde. Angemerkt sei nur, dass großangelegte Protestaktionen an den US-amerikanischen Botschaften in Ägypten, Jemen, Tunesien, im Kaschmir, in Pakistan, Sudan, Marokko, Katar, im Irak, Iran und vielen anderen Ländern abliefen. Die Zahl der Verletzten kommt nahe an die Tausend heran, es gab Dutzende Tote. Barack Obama entsandte Spezialeinheiten an die heißesten dieser Orte – in den Sudan und nach Jemen. In Afghanistan überfielen die Taliban eine US-Militärbasis und töteten zwei Marines.

Die wichtigste Folgerung – es kann keinerlei Waffenstillstand zwischen den Islamisten und dem Westen geben. Es bleibt ein Rätsel, wer hinter der Organisation der ganzen Sache steckt. Bekannt ist aber, dass zum Beispiel die Botschaft in Libyen Warnungen vor bevorstehenden “Aktionen” bekommen hatte, noch bevor das provokative Video auftauchte. Wenn man sich das Prinzip von Ermittlern zueigen macht und danach fragt, wem die Sache genützt hat, so ist das zweifelsohne Barack Obama. Ein besseres Geschenk konnte man ihm vor den Wahlen gar nicht machen.

Erst kamen die Islamisten auf Knien zu ihm gekrochen und bettelten um Frieden. Aber Obama braucht diesen Frieden nicht, deswegen demonstrierte die grandiose Provokation sogleich die Haltlosigkeit eines solchen Angebots. Wie sollte sich Amerika auch mit den Mördern seiner Botschafter anfreunden? Dafür konnte Obama die Härte demonstrieren, deren Mangel sein Konkurrent Mitt Romney an ihm kritisierte. Die Kriegsschiffe, die Sonderkommandos in der ganzen Welt – das nun ist typisch amerikanisch. Außerdem gelang es Obama, die Aufmerksamkeit seiner Bürger mit einem Fingerschnippen von inneren Problemen auf äußere lenken. Er ist außerstande, die inneren Probleme, solche wie das Wachsen der Auslandsverschuldung, die Arbeitslosigkeit usw. zu lösen, aber eine Kampfshow mit der unsichtbaren “Al-Kaida” inszenieren – das geht. Und nun klingt das Statement Mitt Romneys darüber, dass der Hauptfeind der USA nicht die Terroristen sind, sondern Russland, geradezu lächerlich. Lächerlich klingen auch seine Behauptungen, Obama sei zu weich und zu entschlossenem Handeln unfähig.

Kurz gesagt, bis zum 6. November erwartet uns eine unterhaltsame Show für die amerikanischen Wähler, der eine noch unbekannte Zahl weiterer Menschen in allen Teilen der Welt erliegen wird. Was soll’s, die amerikanische Politik fordert eben Opfer.