Kurzes Vorwort zu Nordkorea: gerade heute wurde gemeldet, dass die Nordkoreaner die Startanlage ihrer Rakete wieder demontieren. Mal sehen, für wie lange. * * *

Die Visite Waldimir Putins in die Türkei ist genau so verlaufen, wie wir es vermutet hatten – in Wirtschaftsfragen wurde man sich einig, zu Syrien nicht. Wie auf Bestellung zu dieser Visite wird die Welt wieder mit der von den chemischen Waffen Baschar al-Assads ausgehenden Gefahr geschreckt. Zuerst offenbart das Pentagon das furchtbare Geheimnis, die Giftstoffe seien für den Einsatz vorbereitet und müssten innerhalb des Mindesthaltbarkeitsdatums gebraucht werden – also innerhalb von 2 Monaten.

Barack Obama:

Wenn ihr den tragischen Fehler begeht und diese Waffen anwendet, so wird das Folgen haben. Dafür werdet ihr Rechenschaft ablegen.

Leon Panetta:

Das wird mit Sicherheit Folgen haben.

Hillary Clinton:

Das wäre der letzte Tropfen.

Danach bestätigten die Briten unter Verweis auf nachrichtendienstliche Quellen diese Information – das “Assad-Regime” sei bereit, Rebellen und Zivilsten mit chemischen Kampfstoffen einzudecken. Niemand klärt indes, aus welchem Grunde Assad sich auf diese Weise sein eigenes Todesurteil sprechen sollte. Das Ziel des Einwurfs ist aber insofern erreicht, dass Putin vor den Augen der West-Öffentlichkeit mal wieder als Beschützer eines “blutigen Regimes” dasteht.

Als diese Folge noch in Arbeit war, kam die Nachricht, die Rebellen hätten eine Chemiefabrik nahe Aleppo in ihre Hände gebracht. Das Aufbauschen der Hysterie um die Chemiewaffen könnte diesmal also auch wirkliche Folgen haben.

Kaum jemand registrierte dabei, dass die USA hinter dem Lärm um Assads Chemiewaffen einen weiteren unterirdischen Kernwaffentest durchgeführt haben. Die Atomexplosion ereignete sich auf einem Versuchsgelände in der Wüste des Bundesstaates Nevada. Insgesamt ist dies bereits das 27. subkritische Experiment; das vergangene lief im Februar 2011. Zu bemerken ist, dass von Washington seit Ende der 1990er Jahre keinerlei internationale Beobachter zu diesen Tests zugelassen werden. Auch diesmal gab es keine Zeugen. Um die Weltöffentlichkeit allerdings zu beruhigen, wurde ein Video vom Ort der Explosion und eine kurze Pressenotiz veröffentlicht.

Darin wird gesagt, dass die Tests ausschließlich der Sicherheit bei der Lagerung von Atomsprengköpfen dienen.

Die erste Reaktion kam aus dem Iran – bekanntermaßen genießt man es dort, die Amis zu provozieren. “Das Experiment beweist, dass Washington nach wie vor eine Politik verfolgt, welche auf Massenvernichtungswaffen basiert und die weltweiten Rufe nach atomarer Abrüstung ignoriert.” So heißt es in einer Note des iranischen Außenministeriums.

Danach regten sich die Japaner auf. Der Bürgermeister von Hiroshima, Kazumi Mazui, interessierte sich dafür, weshalb die Obama-Administration diese Tests durchführen ließ, obwohl sie immer vorgibt, eine “kernwaffenfreie Welt” anzustreben.

Die Japaner sind ja die, welche die US-amerikanische Friedfertigkeit ganz besonders gut einschätzen können. Im August 1945 stürzte Präsident Truman, ohne mit der Wimper zu zucken, tausende japanische Zivilisten in den Feuertod. Und war dann auch noch stolz auf sich, dass er als gewissenhafter Mensch die Atombombe nicht auf die japanische Hauptstadt abwerfen ließ.

Doch wir schweifen ab. Wichtiger sind die Bewegungen US-amerikanischer Verbände vergangene Woche in der Region. Der Flugzeugträger Dwight D. Eisenhower kam aus dem Persischen Golf über den Suezkanal ins Mittelmeer und befindet sich in unmittelbarer Nähe syrischer Gewässer. An Bord befinden sich 70 Jagdflugzeuge und Bomber, die Gesamtzahl der Seeleute, Piloten und Marineinfanteristen an Bord beträgt 8.000. In der Gegend befinden sich ebenso Landungsschiffe mit insgesamt 2.500 Marineinfanteristen an Bord. Diese Gruppierung ist sicher nicht nur aus Spaß hier.

Die Ankunft der USS “Eisenhower” veranlaßte den russischen Generalstab, den Fortgang russischer Flottenverbände aus dem Mittelmeer zu verschieben. Eine Einheit der russischen Schwarzmeerflotte mit dem Raketenkreuzer “Moskwa”, dem Wachschiff “Smetliwyj”, den zwei großen Landungsboten “Nowotscherkassk” und “Saratow” samt Versorgungsschiffen befindet sich im Ägäischen Meer und hat Befehl, bis auf Widerruf durch den Generalstab in der Region zu verbleiben.

Iranisches Trolling

Man muss schon zugeben, dass der Iran im Trolling nicht nur ein Meister, sondern ein anerkannter Spezialist ist. Alle erinnern sich an die Geschichte mit dem Abfang der US-amerikanischen Drohne, welche dann im iranischen Fernsehen vorgeführt wurde. Damals hat sich das Pentagon lange dagegen gesträubt: das sei iranische Propaganda, sie würden keine Drohne vermissen. Die Iraner machten dann einfach eine Kopie dieser streng geheimen Drohne. Als Spielmodell.

Vergangene Woche wiederholte sich diese Konstellation exakt. Die Iraner fingen noch eine amerikanische Drohne ab – wahrscheinlich wieder unter Anwendung der russischen Radarstöranlage Avtobaza. Und wieder gibt sich das Pentagon vollkommen unbeeindruckt – das ist gar nicht unsere Drohne und das ist wieder eine Erfindung der iranischen Propaganda. Die Iraner zeigten prompt die Beute im Fernsehen und rieten den Amerikanern, ihr Spionageflieger zu zählen, ob denn etwas fehle. Die Dementis der USA sind leicht verständlich – die Fluggeräte wurden in iranischem Luftraum abgefangen und spionierten eben. Übrigens wurde kurz zuvor noch eine US-amerikanische Drohne über dem Iran geortet, doch die iranischen Revolutionsgarden gingen nicht daran, den Vogel vom Himmel zu holen, sondern vertrieben ihn einfach durch Schüsse aus Luftabwehrkanonen.

Hier noch ein Beispiel für das eklatante Verhalten des Iran. Die Beobachter schlagen Alarm – iranische Öltanker senden falsche Signale an Ortungssatelliten, wodurch die Tracking-Systeme durcheinandergeraten. Die Tanker verschwinden, tauchen an seltsamen Orten wieder auf und laufen auf unmöglichem Kurs. Aus diesem Grunde ist es mit diesen Mitteln nicht möglich, ihre Bewegungen zu verfolgen. Damit wird die Überwachung der Sanktionen gegen die Islamische Republik problematisch.

Um es in moderner Sprache zu formulieren, die Iraner sind Trolls, und mitunter bekommt man den Eindruck, dass sie gehörigen Spaß an dieser Rolle haben.

Der Fluch der Pharaonen

Der ägyptische “Arabische Frühling” ist auch zwei Jahre nach dem Sturz Mubaraks nicht zum Halten gekommen. Der Tyrann ist gestürzt, an seiner Stelle steht ein moderner und global denkender Regent, es will aber keine Ordnung einkehren. Immer noch schlagen sich die Ägypter nach den Freitagsgebeten gegenseitig auf dem Tahrir-Platz die Köpfe ein, immer noch hört man Aufrufe, die “Macht zu ergreifen” und demokratische Reformen durchzuführen. Es ist, als schwebe ein alter Fluch über diesem Land, der niemanden, der den alten Pharao ins Verließ beförderte, den langersehnten Frieden finden läßt.

Doch die Realität besteht darin, dass der Machtwechsel die vielen wirtschaftlichen Probleme Ägyptens nicht behoben hat. Treibstoff wurde nicht billiger, es gibt nach wie vor lange Schlangen danach. Die Armen und die Alten haben keine weitreichendere Unterstützung durch den Staat, der Staat selbst ist gezwungen, seine Verschuldung zu vergrößern und sich den räuberischen Bedingungen des IWF zu beugen. Dazu noch beschloss der neue Machthaber, kaum saß er auf dem Thron, die Verfassung zu ändern und sich mit nahezu grenzenlosen Befugnissen auszustatten, dabei das Land de facto zu einem Schariat umzubauen.

Das nun konnten die Ägypter nicht mehr dulden, und so kam es, dass – wie vor zwei Jahren – Zehntausende mit Back- und Pflastersteinen auf die Straßen gingen. Wieder einmal stehen Panzer um den Präsidentenpalast herum, wieder feuert die Polizei mit Tränengas. Dazu brannten die Büros der “Moslembrüder” im ganzen Land. Ägypten balanciert wieder am Rande einer neuen Revolution.

Präsident Mursi legte also den Rückwärtsgang ein und machte der Opposition Zugeständnisse, doch das Volk fordert jetzt bereits seinen Rücktritt. Es ist gar nicht so wichtig, wer an seine Stelle tritt. Scheinbar ist die Luft hier so beschaffen, dass selbst ein noch so fortschrittlich denkender Regent mit den ersten Tagen nach seiner Machtergreifung das Blut seiner Vorfahren in sich zu spüren beginnt und in ihm diktatorische Ambitionen erwachen.

“Woll’n wir… kaboom?”

Noch jemand hält die Welt davon ab, sich in aller Ruhe auf das Weihnachtsfest vorzubereiten – dieser rundgesichtige Jüngling, der nordkoreanische Führer Kim Jong Un. Dabei widerspricht die Welt sich hier auf gewohnte Weise selbst. Einerseits hört man immer, das nordkoreanische Atomprogramm sei ein Fake, andererseits werden enorme Kräfte mobilisiert, um die nordkoreansiche Rakete abzufangen. Die böswillige “Unha-3” zielt vom Kosmodrom “Sohe” aus in den Himmel und ist sogar schon mit Treibstoff betankt. Doch der gewiefte nordkoreanische Fähnrich hat keine Eile damit, den roten Knopf zu drücken.

Er schaut zufrieden dabei zu, wie die kapitalistischen Haie um ihn herum zappeln: die Japaner versetzen ihre Luftabwehr in höchste Alarmbereitschaft, die südlichen Nachbarn sandten bereits zwei Torpedoboote aus, ein drittes folgt in Kürze. Auch die Amerikaner stehen für den Abfang bereit. Weshalb fürchen sich denn alle so vor einem nordkoreanischen Wettersatelliten?

Niemand weiß genau, wann der Start erfolgen soll, aber wahrscheinlich noch vor dem 22. Dezember. Vielleicht passiert das zum Jahrestag des Todes von Kim Jong Il am 17. Dezember, vielleicht wird es aus Gründen des Wetters auch verschoben. Wenn der Start am 21. Dezember erfolgt, geht der Preis für Trolling natürlich verdientermaßen von den Iranern an die Nordkoreaner über. Falls sich dann noch solche finden, die einen Preis verleihen können.