Abu Ammar

05.07.2012, 10:05 apxwn Blog nahost russland

Die ziemlich fadenscheinige Story über Jassir Arafat und das Polonium-210, welche neulich von al-Dschasira initiiert worden ist, wirft auch eine Reihe von nichtmedizinischen Fragen auf.

Erstens ist es vollkommen unklar, wie ein solch blendender Gedanke und ein technisch so schwieriger Sachverhalt ausgerechnet den Journalisten von al-Dschasira einfallen konnten. Und das gerade jetzt.

Zweitens, und das ist der wichtigere Aspekt. 98% der Weltproduktion von Polonium entfällt auf Russland. Polonium nun ist nicht gerade irgendein Rattengift. Seine Herstellung ist ein hochtechnologischer Prozess. Man bekommt es entweder aus Reaktoren, indem man Bismut-209 mit Neutronen beschießt, das dann in Folge unter Bildung von Polonium-210 zerfällt, oder indem man Uranerze entsprechend verarbeitet. Die letzte Methode führte auch zu seiner Entdeckung, und dafür musste Madame Curie die eine oder andere Tonne Uranpechblende durch die Gegend schaufeln. Wenn man dazu bedenkt, dass Uranerz nicht in der Kiesgrube nebenan zu holen ist, so ist die Herstellung eines solch exotischen Gifts schon rein technisch nicht eben trivial – wie viel Tonnen Uranerz hätte man illegal irgendwohin schmuggeln müssen, um genug Polonium-210 für die Vergiftung Arafats zu gewinnen?

So gesehen ist das Objekt, auf das diese neuerliche Attacke von al-Dschasira zielt, doch ziemlich deutlich umrissen, und man muss kein Genie sein, um zu folgern, was nach einer solch skandalösen „Enthüllung“ folgen wird.

Es wurde gemeldet, dass eine erhöhte Poloniumkonzentration in der Zahnpasta nachgewiesen wurde, die der Entschlafene benutzt hatte. Die Zahnpasta (oder nur die Zahnbürste?) wurde von Arafats Frau zur Verfügung gestellt. Gute Frage, wozu sie diese Dinge so lange aufbewahrt hat, aber das ist nicht einmal das Wesentliche. Dass es in dieser Zahnpasta Polonium gegeben haben soll, ist immer noch keine Antwort auf die Frage, wie es da hinein gekommen ist. Sicher, man kann am Zerfall erkennen, wie alt es ist, aber in den Meldungen ist immer nur die Rede davon, dass es Poloniumspuren gibt, nicht, wie alt es ist.

Sicherlich, für die russische Seite wäre es vollkommen unlogisch gewesen, Arafat auf diese – auf idiotische Weise „gehypede“ – Weise zu vergiften. Es ist vollkommen sinnlos, dieser Frage nachzugehen, obwohl die flinken Schreiberlinge sicherlich genau in diese Richtung wollen. Deswegen ist das Ziel dieses Informationseinwurfs auch eher taktisch zu bewerten. Es ist egal, dass man in drei bis fünf Monaten erkennen wird, dass diese Nachricht aus den Fingern gesaugt und eine Luftnummer war. Wichtig ist, dass diese Frage genau jetzt aufkommt, in einer Zeit, in der Russland Syrien wenigstens auf irgendeine Weise in Schutz nehmen will. Und genau jetzt geht dieser Revolver los. Die Schwächung der russischen Position im Nahen Osten ist ohne Zweifel eine schwierige Aufgabe, und eine solche Ente kann im richtigen Moment ganz gut funktionieren.

Wenn man dabei bedenkt, von wo genau al-Dschasira seinen Unsinn in die Welt funkt, wäre es für Russland wahrscheinlich die beste Antwort, das gesamte Territorium „da unten“ mit den hier besprochenen Zerfallsprodukten zu bestreuen, um dem Suchen der rastlosen Journalisten – na, und ihrer Auftraggeber – endlich ein Ende zu bereiten.