Seinerzeit hatte der recht kurze Exkurs eines “Slawischen Korps” in Syrien für einiges an Aufsehen gesorgt, besonders da es sich nach den damaligen Informationen nicht etwa um eine Undercover-Unterstützung der russischen Regierung, sondern scheinbar um eine Privatinitiative gehandelt hatte.

Das Slawische Korps in Syrien

Die Kämpfer dieses “Slawischen Korps” waren insgesamt um die anderthalb Monate in Syrien und wurden nur einmal in der Gegend von al-Sukhnah in ein Gefecht mit Dschihadisten verwickelt, von denen sie rund 400 über Es Sireth sandten und dazu ein knappes Dutzend ihrer diversen leichten Militärfahrzeuge (üblicherweise Pick-Ups mit MGs) vernichteten. Das alles bei vollkommen katastrophaler Versorgung, keinem Nachschub und Munitionsknappheit. Nach diesem Zusammenstoß brachen sie ihren Syrieneinsatz ab und flogen – insgesamt, bis auf Verwundete, ohne Verluste – zurück nach Moskau, wo sie vom russischen FSB in Empfang genommen und festgehalten wurden – die Organisatoren der “Slavonic Corps Ltd.” kamen dabei angeblich in U-Haft, während man die einfachen Söldner nach Hause ziehen ließ.

Die Story wurde dann vor allem durch die im Gefecht bei al-Sukhnah verlorene Ausrüstung publik, unter der Dschihadisten russische Dokumente fanden und sich auf den üblichen Handyfotos eines Sieges über die “Kuffar” brüsteten. Die russische Presse machte die Inhaber der Dokumente ausfindig und traf sie bei bester Gesundheit zu Hause an; so kam der ganze Hintergrund an die Öffentlichkeit.

Lizenz Nr. 8/559 des syrischen Komitees für Nationale Sicherheit

Einige Zeit später – nach der Veröffentlichung hier – haben einige der russischen Söldner, insbesondere aus der Kommandoebene, versucht, die Sache ins rechte Licht zu rücken und übergaben der Presse Dokumente, welche die völlige Legalität ihres Einsatzes bezeugen sollten. Das war vor allem der Vertrag der syrischen Regierung mit dem technischen Dienstleister und dem “Slawischen Korps”, ebenso auch die Lizenz des syrischen Komitees für Nationale Sicherheit, aus dem die Genehmigung für einen Waffeneinsatz durch die Söldner des “Slawischen Korps” hervorging. Insgesamt handelte es sich diesen Dokumenten zufolge um eine reine Sicherheitsdienstleistung im Zusammenhang mit einer ingenieurstechnischen Instandsetzung von Anlagen der Energiewirtschaft – von Kraftwerken, Verteilerstationen, Stromleitungen und dergleichen. Also nicht etwa um einen geplanten Zukauf von Feuerkraft und militärischem Know-How gegen “Rebellen”. Diese doch relativ wenig verbreitete “Richtigstellung” in der Presse machte keine große Runde mehr, zumal der Informant aus den Reihen des “Korps” anonym blieb und man ihn nur als “informierte Quelle” bezeichnen konnte.

Aus heutiger Sicht kann man sagen, dass der Einsatz der “Slavonic Corps Ltd.” in Syrien sehr wohl mit russischen Sicherheitskreisen abgestimmt und vereinbart wurde, zumal der Transport und die Evakuation des Korps nach und aus Syrien auf völlig legalen und offiziellen Flügen – teils Charterflügen – ab und an Moskau VKO erfolgte. Die Intervention des FSB bei Rückkehr sollte wahrscheinlich als eine Art Notbremse große Wellen vermeiden, denn obwohl der Einsatz tatsächlich nicht als Kampfeinsatz im Interesse der syrischen Regierungstruppen geplant war, so war es doch zu einer Konfrontation gekommen, und die ersten reißerischen Meldungen über eine “russische Intervention” in Syrien zirkulierten bereits auf Islamisten-Webseiten.

Es hat aber natürlich einen Hintergrund, dass diese Sache gerade jetzt wieder aktuell wird.

“Anonymous” ist kein amerikanisches und kein allgemein “westliches” Phänomen – Hackergruppen, die sich dieser Bezeichnung bedienen, gibt es natürlich auch bei den Russen. Eine solche Gruppe namens “Anonyme Internationale” hat dieser Tage die Korrespondenz des oben genannten Informanten mit der russischen Presse (ridus.ru) offengelegt.

Der Name des Informanten, folglich also eines der Leute, die in das Gefecht bei al-Sukhnah in Syrien verwickelt waren, ließ es natürlich sofort klingeln, denn das US State Dept. verbreitet ihn schon seit Wochen über seinen Propaganda-Twitter @UkrProgress; auch in der deutschen Presse tauchte er (sicher aus denselben Quellen) bereits auf.

Igor Wsewolodowitsch Girkin, Spitzname “Strelok”, der Schütze – und davon abgeleitet sein Pseudo-Familienname “Strelkow”.

Man muss jetzt durchaus nicht den Schluss ziehen, dass Moskau direkt und unverblümt hinter der bewaffneten Revolte im Donbass steht. Man kann das mit einem ebensolch glasklaren “Jain” beantworten, wie Strelkow es in seinem ersten Interview, in dem er sich ohne Sturmhaube zeigte, selbst tat: auf die Frage, ob er Mitarbeiter russischer Geheimdienste sei, sagt er: “Nein, natürlich nicht. Ich bin schon längst in Reserve.” Strelkow ist Söldner mit Leib und Seele, und Söldner gehen dahin, wo man mit ihrem Gewerbe etwas verdienen kann. Freilich muss es jemanden geben, der seine Kunst bezahlt, oder ihm zumindest Spielraum für ein selbst organisiertes Auskommen bietet.

Das kann alles in allem eine mögliche Antwort auf einige auch hier gestellten Fragen sein – zum Beispiel, warum die Volkswehr leidlich gut mit den anrückenden Chaotentruppen des Kiewer “Anti-Terror-Einsatzes” zurechtkommt. Natürlich ist ein Mann allein auf dem Feld noch kein Krieger, aber wenn dieser Mann über hinreichende Erfahrung in der Organisation, der Leitung und der Koordination paramilitärischer Verbände in “Guerilla-Situationen” hat, so kann aus einem ungeordneten Pulk an wehrfähigen Männern durchaus eine schlagkräftige Truppe werden. Findet er guten Kontakt zu ansässigen Fachleuten derselben Branche, dann stehen erfolgreichen lokalen Einsätzen alle Wege offen; und ob es sich, wie z.B. die “Süddeutsche” schreibt, um “Destabilisierung” handelt, ist selbstverständlich Ansichtssache.