Am Rande des derzeit laufenden China-Besuchs des russischen Präsidenten teilt dieser mit, dass man sich mit den Chinesen noch nicht über den fortan gültigen Preis für Erdgaslieferungen hat einigen können. Bisher haben die Russen sich damit einverstanden erklärt, keine Rohstoffförderungssteuer für nach China exportiertes Erdgas zu erheben, die Chinesen ihrerseits erklären, dass aus Russland importiertes Erdgas von Zöllen und Steuern befreit wird – mit anderen Worten, die beiden wollen. Und das sehr.

Mit diesen Schritten erweitert sich der Spielraum bei den Preisverhandlungen um ein ganzes Stück. Gestern noch wurde gemeldet, dass der letztendlich gültige Preis für Erdgas zwischen 360 und 380 USD pro Tausend Kubikmeter liegen wird. Mit der Abschaffung der Zölle und Steuern sieht es eher nach dem unteren Ende dieser Spanne aus.

Hier geht es natürlich um einen Liefervertrag zwischen Gazprom und der CNPC, aber es ist soweit allen klar, dass dieser Vertrag nicht einfach nur ein Handelsabkommen zwischen zwei Großunternehmen ist. Die Politik tritt hier absolut in den Vordergrund. Aus diesem Grunde ist auch der veranschlagte Preis nicht einfach nur mit dem Rechenschieber zu bestimmen. Abgesehen von den üblichen Größen wie Aufwendungen und Transportkosten und dgl. spielen bei der Preisbildung natürlich auch politische Risiken (und Chancen!) eine Rolle; solche großen Verträge bringen einen massiven Multiplikationseffekt mit sich und betreffen dann eine ganze Reihe an Branchen, wo gleichermaßen Kooperationen möglich werden – mit anderen Worten, das Erdgas ist nur Rückgrat für viel weitreichendere wirtschaftliche und politische Beziehungen. Ganz das Instrument, von dem Putin noch 2007 gesprochen hat, als er in seiner “Münchener Rede” Russlands Streben nach einer multipolaren Welt proklamierte.

Wichtig ist, abgesehen von dem Preis, ja noch der weitere Kontext: das Handelsvolumen zwischen Russland und China beträgt jetzt schon um die 90 Milliarden USD, im nächsten Jahr sollen’s runde 100 Milliarden werden und bis 2020 soll sich diese Summe wiederum verdoppelt haben. Solche Volumina gestatten es dann schon, eine Umstellung des Handels auf die jeweiligen nationalen Währungen anzugehen – keine so leichte Frage, aber sie stellt sich immer dringender. Erst gestern hörte man vom chinesischen Ex-Botschafter in Russland, dass die gegenwärtigen politischen Aktivitäten Russland und China zwangsläufig zu einer Allianz zusammenbringen. Während Russland im Westen blockiert wird und die USA gleichzeitig China im Osten zu bedrängen versuchen, kann es nur zu einer Allianz kommen – die in erster Linie eine Allianz “gegen etwas” sein wird, und wogegen wird gar nicht verschwiegen – gegem die Vereinigten Staaten von Amerika.

Bei Putins Treffen mit Xi Jinping soll es, wie es hieß, mit keinem Wort um die Lage in der Ukraine gehen. Das ist insoweit verständlich, als dass China derzeit kaum aktive Unterstützung gleich welcher Positionen bieten kann, zumal für die Chinesen gerade eine eigene kleine Ukraine heranreift – der gegenwärtige Konflikt mit Vietnam, von dem es gestern schon hieß, dass er in eine militärische Phase übergehen könne (was die Vietnamesen bereits wissen: einmal in hundert Jahren gibt es Krieg zwischen den beiden Ländern), und die nicht enden wollenden Querelen mit Japan, immer schön von den USA genährt, während Obama eine “neue Balance” im Asiatisch-Pazifischen Raum ankündigt. Die Chinesen haben also genug eigene Probleme, auf die sie ihr Augenmerk richten müssen.

Unter diesen Umständen müssen China und Russland peinlich genau darauf achtgeben, dass das Treffen ihrer Führung ohne den Deut einer Trübung verläuft. Da für Treffen auf einer solchen Ebene naturgemäß alles von vornherein unterschriftsreif abgeklärt ist, könnte das auch funktionieren. Das einzige ist eben, wie Gazprom-Chef Miller noch vorgestern sagte, “die eine Ziffer”, nämlich der Lieferpreis für das Erdgas. Wenn sich damit allerdings nicht mehr nur Konzernchefs, sondern Staatsoberhäupter beschäftigen, so sieht die Sache auch weitgehend geklärt aus – aber man kann nie wissen, wer da zu viel Salz in welche Suppen streut.
PS: Von unterwegs, daher keine Links.