Vorgestern gab es von der NATO eine frische Portion Satellitenbilder, mit denen zweierlei belegt werden soll: a) die Russen liefern den “Separatisten” ausgemusterte T-64 per Tieflader an und irgendwie über die Grenze nach Neurussland, und b) der “Truppenaufmarsch”, den die Russen unsinnigerweise auf ihrem eigenen Territorium veranstalten, ist nach wie vor bedrohlich.

Die Sache mit den ewigen Aggressoren und ihren Satellitenbildern ist nun freilich schon eine Serie von Märchen in Bildern, deren Richtigstellungen nur ganz besonders Faulen noch nie untergekommen sein werden. Spätestens seit Homs im Februar 2012, wo man ohne viel Federlesens “syrische Artilleriestellungen” per Photoshop-Pinsel in die monochrome Pixellandschaft setzte, sollte man diese Art “Beweis” erst einmal ganz genau so behandeln, wie die Pressemeldungen und Verlautbarungen von “interessierten” Organisationen und Staaten: nämlich als Propaganda, die zum großen Teil aus Lügen besteht, und als kriegsvorbereitende Meinungsmache. Es springen aber immer wieder Leute darauf an oder geben es wissentlich weiter, wie z.B. hier  – das diesen Artikel einleitende Bild wurde auch schon im Syrienkrieg dazu verwendet, eine bevorstehende Offensive der syrischen Armee gegen Bandenformationen in Aleppo zu belegen, es stammt aber aus Nordossetien und ist von 2008. Solche Dinge halten sich eben.

Bei den aktuellen NATO-Satellitenbildern ist in genau solcher Eile und genauso plump verfahren worden, so dass man anhand nur einer der Aufnahmen beispielhalber demonstrieren kann, wie hanebüchen die Mittel & Methoden der Meinungsmache sind. Dieses Foto stellt insgesamt ein Areal von rund 10×6 Kilometern um den Truppenübungsplatz Kadamowskij, ungefähr 15 Kilometer nordnordöstlich von Nowotscherkassk in der russischen Region Rostow dar:

NATO-Satellitenbild der Gegend um den russischen Truppenübungsplatz Kadamowskij. Quelle: http://aco.nato.int/statement-on-russian-main-battle-tanks.aspx

Das ist erst einmal viel Grau, aber die herausgezoomten Sektoren sollen dann die Belege liefern. Und diese braucht man sich nur einmal grob anzusehen. Zuerst vielleicht zur Erklärung eine kleine Legende, was man auf dem NATO-Bild eigentlich sieht:

NATO-Satellitenbild mit Beschriftung. Quelle Basisbild: NATO-Satellitenbild der Gegend um den russischen Truppenübungsplatz Kadamowskij. Quelle: http://aco.nato.int/statement-on-russian-main-battle-tanks.aspx

Zum NATO-Zoom A1 und A2, nämlich den drei in befestigten Stellungen befindlichen Kampfpanzern unweit einer offenbar betonierten Fläche sowie dem einsamen Panzer kurz südlich von der von Ost nach West verlaufenden Straße, hier ein Blick auf die Realität:

Realität: Ost-West-Straße nördlich des Truppenübungsplatzes. Kein Beton, keine Befestigungen

In etwa die gleiche Einstellung in Google Maps, sofern das für jemanden interessant sein mag:

Die Zoom-Einstellung mit der russischen Markierung “Б” lassen wir einmal weg, und merken nur an, dass es sich nicht um 3 “main battle tanks”, sondern um einen Panzertransporter (das nördlichste der Fahrzeuge) sowie zwei offenbar geklonte Kampfpanzer handelt. Diese sollen ja die sein, welche den “Separatisten” zur Verfügung gestellt wurden.

Nun meinen die NATO-Propagandisten, sie hätten den Abtransport der drei Panzer “in flagranti” abfotografiert und präsentieren uns Kampfpanzer auf Tiefladern (Zoom-Einstellung “B” im Bild ganz oben). Dort befinden sich die Vehikel unmittelbar an der Nord-Süd-Straße, die am Truppenübungsplatz Kadamowskij vorübergeht. Merkmale des Abschnitts sind Büsche und einzelne Bäume am Rande der Straße, auf der sich die Tieflader mit den Panzern bewegen. Die Realität sieht indes so aus:

Realität: kein Buschwerk, keine Bäume, kein Photoshop. Am östlichen Rand des Truppenübungsplatzes Kadamowskij.

Und wieder in etwa das Gleiche in Google-Maps, wer dieser Quelle vertraut oder selbst nachschauen will:

Es ist das ja, wie gesagt, nicht der erste Fall, in dem die NATO gefälschte Satellitenaufnahmen zu puren Propagandazwecken gebraucht. Allerdings sollte das plumpe Vorgehen und die unverkennbare Eile, mit der diese Fälschungen erstellt worden sind, doch zu denken geben. Es sieht alles danach aus, als befinde man sich im abschließenden Stadium eines Projekts, das eines Tages demnächst – ganz wie das powellsche, mit Waschmittel oder Mehl gefüllte Reagenzglässchen – von offizieller Tribüne aus eine “russische Aggression” gegen die Ukraine belegen soll.

PS: Die drei kommentierten Satellitenbilder in hoher Auflösung: https://yadi.sk/d/QeSJEWfKTdmny